Einmal jährlich und innerhalb der im Rahmen der Statuten festgelegten Zeitspanne von 15 Tagen versammeln sich in der Regel Eigentümer und Verwalter einer Miteigentümervereinigung zur ordentlichen Generalversammlung.
Bis vor kurzem galt, dass diese Generalversammlungen mit physischer Präsenz der Beteiligten stattfinden muss.
Doch wie ist dies vereinbar mit den geltenden Kontaktbeschränkungen aufgrund von COVID-19? Diese Frage hat sich vermutlich der ein oder andere Miteigentümer und Verwalter in den letzten Wochen und Monaten bereits einmal gestellt…
Das Gesetz vom 20. Dezember 2020 zur Einführung von verschiedenen vorübergehenden und strukturellen Bestimmungen in Sachen Gerichtswesen im Rahmen der Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus liefert nun Antworten auf diese Frage, zumindest für den Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 9. März 2021 und somit für die sogenannte „zweite Welle“.
Ein Überblick
Während der „ersten Welle“, genauer gesagt vom 10.03.2020 bis zum 30.06.2020, wurde die Abhaltung von Generalversammlungen im Rahmen einer Miteigentümergemeinschaft durch den Königlichen Erlass Nr. 4 vom 09.04.2020 ausgesetzt.
Alle ordentlichen Generalversammlungen, die laut Statuten in diesem Zeitraum hätten stattfinden sollen, mussten demnach abgesagt und ihre Abhaltung aufgeschoben werden. Gleichzeitig sah der Königliche Erlass vor, dass die Generalversammlungen bis spätestens zum 30. November 2020 nachgeholt werden müssen.
Doch auch im Herbst des Jahres 2020 wird das Coronavirus noch bei vielen eine planmäßige Abhaltung der (vielleicht schon aufgeschobenen) Generalversammlung verhindert haben.
In der Tat war spätestens mit Inkrafttreten des Ministeriellen Erlasses vom 28.10.2020 die Abhaltung einer Generalversammlung mit physischer Präsenz bei einer Teilnehmerzahl von mehr als 40 Personen nicht mehr möglich.
In Abwartung einer Anpassung der Gesetzgebung an die geltenden Kontaktbeschränkungen hat der Justizminister, Vincent Van Quickenborne, den Verwaltern und Eigentümern durch eine Pressemitteilung am 22. Oktober 2020 bereits einige Lösungsvorschläge zur Abhaltung der Generalversammlungen aufgezeigt.
Demnach teilte der Justizminister u.a. mit, dass ungeachtet der Tatsache, dass das Gesetz diese Möglichkeit bis dato nicht vorsah, die Abhaltung einer digitalen Generalversammlung aufgrund der bestehenden Kontaktbeschränkungen nunmehr möglich sei. Darüber hinaus kündigte Herr Van Quickenborne an, dass ein entsprechender Gesetzesentwurf vorbereitet und der Regierung und dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werde.
An Heiligabend wurde schließlich das eingangs erwähnte Gesetz vom 20. Dezember 2020 im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht, welches in Bezug auf die Abhaltung von Generalversammlungen im Rahmen einer Miteigentümervereinigung größtenteils die Lösungsvorschläge übernommen hat, die der Justizminister im Rahmen seiner Pressemitteilung bereits aufgezeigt hatte.
Was sieht das Gesetz vom 20. Dezember 2020 vor?
Durch die Abänderung des Gesetzes vom 20. Dezember 2020 sieht Artikel 577/6, §1 des Zivilgesetzbuches nunmehr ausdrücklich vor, dass Generalversammlungen digital stattfinden können, wenn dies auf der Einladung vermerkt wird.
Darüber hinaus können die Generalversammlungen, die im Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 9. März 2021 stattfinden sollten – sei es aufgrund der Statuten oder einer Aussetzung im Rahmen der „ersten Welle“ – um ein Kalenderjahr verschoben werden.
Ausgenommen hiervon sind jedoch die Fälle, in denen kurzfristig Entscheidungen erforderlich sind oder die Abhaltung einer Generalversammlung von einem oder mehreren Miteigentümern, die 20 % der Anteile halten, ausdrücklich verlangt wird.
Eine weitere vorübergehende Neuerung des Gesetzes vom 20. Dezember 2020 betrifft die Beschlussfassung der Generalversammlung. Während die Generalversammlung normalerweise ihre Beschlüsse einstimmig fassen muss, reicht für eine Generalversammlung, die im Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 9. März 2021 stattfinden würde, eine doppelte Stimmenmehrheit aus (absolute Mehrheit der Anzahl Eigentümer, sowie absolute Mehrheit der Losanteile).
Die Bestimmungen des Gesetzes vom 20. Dezember 2020 treten rückwirkend zum 1. Oktober 2020 in Kraft, gelten allerdings auch nur vorübergehend bis zum 9. März 2021.
Die Möglichkeit, Generalversammlungen digital abzuhalten wird jedoch auch über dieses Datum hinaus beibehalten werden.