Verfassungswidrigkeit des Fahrverbots für sich im Rückfall befindliche Fußgänger

Artikel 38, § 7, des koordinierten Gesetzes über die Straßenverkehrspolizei sieht in dem Fall, in dem die Straftat mit einem Fahrzeug begangen wurde, für das kein Fahrverbot verkündet werden kann, die Aufhebung der Verpflichtung des Richters vor, rückfällige Beschuldigte zu einem Fahrverbot und zum Ablegen der zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis erforderlichen Prüfungen zu verurteilen.

Dem Verfassungsgerichtshof zufolge verstößt diese Bestimmung gegen die Artikel 10 und 11 der Verfassung, insofern sie bei rückfälligen Fußgängern keine Anwendung findet.

Gesetzliche Bestimmungen

Gemäß Artikel 38, § 6, des koordinierten Gesetzes über die Straßenverkehrspolizei ist der Richter verpflichtet, einen Beschuldigten, der sich im gesetzlichen Rückfall befindet, zu einem Fahrverbot zu verurteilen und die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis an das Ablegen und Bestehen der theoretischen, praktischen, medizinischen und psychologischen Prüfungen zu binden.

Straftaten, die dieser Verpflichtung unterliegen sind Verkehrsübertretungen vierten Grades, schwere Geschwindigkeitsübertretungen, das Führen eines Fahrzeugs ohne gültige Fahrerlaubnis, das Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, Fahrerflucht oder das Verhindern der Feststellung von Verkehrsübertretungen.

Diese Regel wurde abgemildert durch Artikel 38, § 7, des koordinierten Gesetzes über die Straßenverkehrspolizei, eingefügt durch das Gesetz vom 18. Juli 2017.

Der Paragraf 7 sieht in der Tat vor, dass die Verpflichtung des Richters, einen sich im gesetzlichen Rückfall befindlichen Beschuldigten, zu einem Fahrverbot und zum Ablegen der zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis erforderlichen Prüfungen zu verurteilen, keine Anwendung findet, wenn der Beschuldigte die Verkehrsübertretung mit einem Fahrzeug begangen hat, für das kein Fahrverbot in Frage kommt, wie beispielsweise ein Fahrrad.

Die vorgenannte Verpflichtung bleibt jedoch bestehen, wenn die Verkehrsübertretung von einem Fußgänger ohne Fahrzeug begangen wurde.

Entscheid des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 2018 (n° 129/2018)

Durch Urteil des Polizeigerichts Antwerpen, Abteilung Mechelen, vom 8. Februar 2018 wurde der Verfassungsgerichtshof mittels Vorabentscheidungsfrage („question préjudicielle“) mit dieser Situation befasst.

Das Polizeigericht war mit einem Fall befasst, in dem einem Fußgänger, der an einer Kreuzung unterwegs war, vorgeworfen wurde, den Anweisungen eines Verkehrspolizisten keine Folge geleistet zu haben (Verkehrsübertretung vierten Grades).

In einem ersten Schritt stellt der Verfassungsgerichtshof fest, dass die Aufhebung der Verpflichtung des Richters, ein Fahrverbot auszusprechen, an sich gerechtfertigt ist, insofern diese dem Richter die Möglichkeit gibt, in Fällen, in denen die Verkehrsübertretung mit einem Fahrzeug begangen wurde, für die keine Fahrerlaubnis nötig ist, von der Verkündung eines Fahrverbots abzusehen.

Der Hof kommt jedoch zu dem Schluss, dass Artikel 38, § 7 des koordinierten Gesetzes über die Straßenverkehrspolizei nicht über die notwendige Kohärenz verfügt, da er nur Anwendung findet, wenn die Verkehrsübertretung mit einem Fahrzeug begangen wurde, für das kein Fahrverbot ausgesprochen werden kann, nicht aber, wenn die Übertretung durch einen Fußgänger ohne Fahrzeug begangen wurde. Der Fußgänger befindet sich jedoch in der gleichen Situation wie der Führer eines Fahrzeugs, für das kein Fahrverbot vorgesehen werden kann.

Demnach ist die unterschiedliche Behandlung dieser beiden Kategorien von Verkehrsteilnehmern nicht gerechtfertigt, so dass damit einhergehend eine Verletzung der Artikel 10 und 11 der Verfassung vorliegt.

Es obliegt nun dem Gesetzgeber die notwendigen Schritte zu unternehmen, um dieser Verletzung ein Ende zu setzen.

 

Quellen:

–          Koordiniertes Gesetz über die Straßenverkehrspolizei vom 16. März 1968, veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt am 27.03.1968, S. 3146.

–          Entscheid des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 2018 (n°129/2018), J.L.M.B. 2019/8, S. 347.

–          LEMMENS L., MEES K., « L’obligation de prononcer la déchéance du droit de conduire pour les piétons viole la Constitution », in Website Kluwer – Actualités, 30.01.2019 [online], https://polinfo.kluwer.be, gelesen am 25.02.2019.

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