Anhebung der Untergrenze der Hauptgefängnisstrafe, die eine sofortige Festnahme erlaubt

(Gesetz vom 21. Dezember 2017)

Seit dem 21. Januar 2018 können die Gerichtshöfe und Gerichte eine sofortige Festnahme eines Angeklagten nur noch dann anordnen, wenn er zu einer Hauptgefängnisstrafe von drei Jahren oder einer schwereren Strafe (ohne Strafaufschub) verurteilt wird.

Die Untergrenze von einem Jahr Hauptgefängnisstrafe, die vorher anwendbar war, bleibt jedoch bestehen für Verurteilungen aufgrund von terroristischen Straftaten und Sexualdelikten.

Definition der sofortigen Festnahme

Die sofortige Festnahme ist eine Schutzmaßnahme, die im Gesetz vom 20. Juli 1990 über die Untersuchungshaft vorgesehen ist und es den Gerichtshöfen und Gerichten ermöglicht, auf Antrag der Staatsanwaltschaft, die sofortige Festnahme eines Angeklagten anzuordnen, wenn es Gründe zur Annahme gibt, dass dieser versuchen könnte, sich durch Flucht der Vollstreckung der Strafe zu entziehen.[1]

Mit anderen Worten wird die vorläufige Inhaftierung eines Angeklagten angeordnet, der frei zur Urteilsverkündung erschienen ist, um zu verhindern, dass dieser sich in Abwartung des Tages, an dem das verkündete Urteil endgültig und vollstreckbar wird, für eine Flucht entscheiden könnte.[2]

Abänderung der Untergrenze und Überlegung des Gesetzgebers

Diese Maßnahme war bisher nur möglich im Fall einer Verurteilung zu einer Hauptgefängnisstrafe von einem Jahr oder zu einer schwereren Strafe, ohne Strafaufschub.[3]

Vor allem für die kurzen Freiheitsstrafen hat sich die sofortige Festnahme jedoch nicht selten als ungeeignet herausgestellt. Meistens waren Personen betroffen, die aufgrund ihrer Abwesenheit bei der Verhandlung im Versäumniswege verurteilt wurden.[4] Legen diese im Anschluss Einspruch gegen das ergangene Versäumnisurteil ein, werden die Freiheitsstrafen häufig reduziert, mit einem Strafaufschub versehen oder durch eine alternative Maßnahme ersetzt (siehe beispielsweise Arbeitsstrafe oder Freilassung unter Auflagen), so dass ein weiterer Aufenthalt im Gefängnis nicht mehr notwendig ist. In der Praxis verbringen Personen, die zu einer kurzen Gefängnisstrafe verurteilt werden somit lediglich wenige Wochen in Haft.[5] Diese wenigen Wochen können allerdings bereits folgenschwere Auswirkungen auf das Familien- und Sozialleben des Verurteilten haben, sowie ernsthafte psychologische oder berufliche Konsequenzen mit sich bringen.[6] Aus diesem Grund war der Gesetzgeber der Ansicht, dass die sofortige Festnahme nach Urteilsverkündung auf die schweren Verurteilungen zu beschränken ist[7], so dass schlussendlich die Untergrenze der Hautgefängnisstrafe von einem auf drei Jahre angehoben wurde.

Für die Verurteilungen aufgrund von terroristischen Straftaten oder Sexualdelikten bleibt die bisherige Untergrenze von einem Jahr jedoch bestehen.[8]

Die neue Gesetzgebung ist am 21. Januar 2018 in Kraft getreten und sofort anwendbar. Dies betrifft demnach auf alle bereits anhängigen Angelegenheiten, ungeachtet des Datums, an dem die Straftaten verübt wurden.[9]

 

Quellen:

–          Gesetz vom 21. Dezember 2017, welches einige Bestimmungen zur Einführung einer Sicherheitsperiode und welches das Gesetz vom 20. Juli 1990 über die Untersuchungshaft in Bezug auf die sofortige Festnahme abändert, veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt am 11. Januar 2018, Seite 1185.

–          BEERNAERT M.-A. et TEPER L., Modification du seuil de peine permettant l’arrestation immédiate : fallait-il vraiment prévoir des exceptions ?, Cahiers du Crid&p, février 2018.

–          LEMMENS L., L’arrestation immédiate n’est désormais possible qu’en cas de condamnation à une peine privative de liberté d’au moins 3 ans, in site Jura – Actualités, 18.01.2018 [en ligne], https://jura.kluwer.be/secure/documentview.aspx?id=kl2191498, consulté le 31.01.2018.

–          PHILIPS C., « Détention préventive : du neuf en matière d’arrestation immédiate et de mesure de sûreté », in Bulletin juridique et social – périodique de veille législative et jurisprudentielle, février 2018 – 2, som. n° 602.

 


[1] PHILIPS C., « Détention préventive : du neuf en matière d’arrestation immédiate et de mesure de sûreté », in Bulletin juridique et social – périodique de veille législative et jurisprudentielle, février 2018 – 2, som. n° 602, p. 15.

[2] LEMMENS L., L’arrestation immédiate n’est désormais possible qu’en cas de condamnation à une peine privative de liberté d’au moins 3 ans, in site Jura – Actualités, 18.01.2018 [en ligne], https://jura.kluwer.be/secure/documentview.aspx?id=kl2191498, consulté le 31.01.2018.

[3] BEERNAERT M.-A. et TEPER L., Modification du seuil de peine permettant l’arrestation immédiate : fallait-il vraiment prévoir des exceptions ?, Cahiers du Crid&p, février 2018.

[4] PHILIPS C., op. cit.

[5] LEMMENS L., op. cit..

[6] BEERNAERT M.-A. et TEPER L., op.cit.

[7] PHILIPS C., op. cit.

[8] Art. 7, Gesetz vom 21. Dezember 2017 welches einige Bestimmungen abändert zur Einführung einer Sicherheitsperiode und welches ebenfalls das Gesetz vom 20. Juli 1990 über die Untersuchungshaft in Bezug auf die sofortige Festnahme abändert, veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt am 11. Januar 2018, Seite 1185.

[9] BEERNAERT M.-A. et TEPER L., op.cit.

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